In den USA gewinnt die Wahl vor dem eigentlichen Wahltag immer weiter an Bedeutung. Zugleich gibt es aber auch, insbesondere aus den Reihen der republikanischen Partei, häufig Vorbehalte gegen diese Art des Wählens. Wie aber funktioniert die Briefwahl in den USA überhaupt? Was ist Early Voting und wer kann es nutzen?
Election Day: Wahltag in den USA
Der Wahltag ist in den USA gesetzlich festgelegt als „der Dienstag nach dem ersten Montag im November“. An diesem Tag finden alle landesweiten Wahlen statt, also neben den Präsidentschaftswahlen zum Beispiel auch die Midterms und alle Wahlen auf Bundesstaats- und lokaler Ebene, etwa Gouverneurswahlen. Der Dienstag wurde übrigens Ende des 18. Jahrhunderts ausgewählt, weil er der Landbevölkerung erlaubte, nach dem Kirchbesuch sonntags am Montag in die Stadt zur Stimmabgabe zu reisen und am traditionellen Markttag am Mittwoch ihre Waren verkaufen konnten. In den Bundesstaaten Hawaii, Delaware, West Virginia, Illinois, Louisiana, Kentucky, Virginia, Ohio, Montana, New York und New Jersey sowie in Puerto Rico ist der Election Day ein Feiertag, in anderen Bundesstaaten gibt es teilweise Vorgaben, die Arbeitgeber verpflichten, ihren Angestellten die Gelegenheit zu geben, zur Wahl zu gehen.
Briefwahl in den USA
Trotzdem stellt die Tatsache, dass der Wahltag ein regulärer Arbeitstag ist, für viele Wahlberechtigte eine Herausforderung dar. Solche Wählerinnen und Wähler können auf die Briefwahl zurückgreifen, die in Amerika schon zu Zeiten des Civil Wars etabliert wurde, um den Soldaten die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben. Der Anteil der Briefwähler ist im Laufe der Zeit immer weiter gestiegen und hat bei der Präsidentschaftswahl 2016 bereits etwa ein Viertel aller abgegebenen Stimmen umfasst. Die Briefwahl ist in den USA in allen Bundesstaaten möglich, allerdings mit unterschiedlichen Regelungen. In Colorado, Washington, Hawaii, Oregon und Utah werden die Wahlunterlagen automatisch vorab per Post an alle Wahlberechtigten geschickt, in den anderen Staaten muss man sie bei der Wahlbehörde anfordern. Unter diesen wiederum gibt es (Stand 2024) vierzehn Bundesstaaten, bei denen ein Grund angegeben werden muss, warum man nicht am Wahltag wählen kann. Die Rücksendung des Stimmzettels ist dann in den meisten Fällen bis zum Wahltag erforderlich, um gültig zu sein, in manchen Fällen gilt auch das Datum des Poststempels. Es gibt Ausnahmen, etwa für Amerikanerinnen und Amerikaner, die im Ausland leben; deren Stimmzettel werden manchmal auch nach dem Election Day noch gezählt.
Early Voting in den USA
Eine andere Wahlmöglichkeit für alle, die nicht am Wahltag persönlich wählen können oder wollen, ist das sogenannte Early Voting. Je nach Auslegung des Begriffs wird auch die Briefwahl zum Early Voting gezählt, Im engeren Sinne ist mit dem Begriff die Abgabe der Stimme vor dem Wahltag im Wahllokal oder an einer Dropbox, die ähnlich wie Briefkästen aufgestellt werden – oder inzwischen sogar als Drive-thru-Variante vom Auto aus erreichbar sind. Bei der Präsidentschaftswahl 2024 steht eine der Optionen für Early Voting einschließlich der Briefwahl in allen Bundesstaaten zur Verfügung, mit Ausnahme von Alabama, New Hampshire und Mississippi. Wie lange im Voraus die vorzeitige Stimmabgabe möglich ist, variiert dabei von Bundesstaat zu Bundesstaat oder sogar von einem County zum nächsten. Häufig sind Early-Voting-Stationen zwei Wochen vor dem Election Day geöffnet, teilweise aber sogar bis zu einem Monat im Voraus.
Vorbehalte gegen die Briefwahl
Insbesondere im Rahmen der Präsidentschaftswahlen 2020 säten Donald Trump und Teile der Republikanischen Partei Zweifel an der Rechtmäßigkeit der per Briefwahl abgegebenen Stimmen im Rahmen ihrer Bemühungen, das Ergebnis der Wahl anzufechten. Ein Grund für dieses Misstrauen war die Beobachtung, dass bei der Auszählung am Wahltag in einigen Bundesstaaten zunächst die Stimmen für Trump überwogen, nach Auszählung der Briefwahlstimmen am Ende aber plötzlich Biden vorne lag. Dieses Phänomen, das als „blue shift“ bezeichnet wird, lässt sich dadurch erklären, dass deutlich mehr demokratische Wähler die Möglichkeit des Early Voting nutzten. Trump selbst behauptete wiederholt, die Briefwahl hätte Wahlbetrug Tür und Tor geöffnet. Tatsächlich zeigt sich zwar, dass es bei Briefwahlzetteln zu mehr Betrugsversuchen als bei der persönlichen Stimmabgabe kommt. Doch eine Studie der Ohio State University fand für den Zeitraum von 2000 bis 2012 nur knapp 500 Betrugsfälle, während gleichzeitig Milliarden Stimmen abgegeben worden waren. Präsident Biden erhielt bei der Wahl 2020 mehr als 81 Millionen Stimmen – um angesichts dieser großen Zahl wirklich mit Wahlbetrug erfolgreich zu sein, müssten Zehntausende Stimmen gefälscht werden, bei nur einer einzigen Wahl.
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