Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung für die Gleichstellung der Schwarzen in der Gesellschaft hat ihren Erfolg sicher auch der Tatsache zu verdanken, dass die effektivsten ihrer Proteste und Aktionen die waren, die gewaltlos und unspektakulär abliefen. Die Aktion von Rosa Parks, die mit der schlichten Weigerung, einen für Weiße bestimmten Platz im Bus zu räumen, für ein politisches Erdbeben sorgte, darf als eine der wichtigsten Schritte zur Anerkennung der Bürgerrechte der schwarzen Bevölkerung in den USA angesehen werden. Der Name dieser eher zurückhaltenden und in sich gekehrten Person hat seinen festen Platz in der amerikanischen Geschichte gefunden.

Rosa Louise McCauley wurde am 4. Februar 1913 in Tuskegee geboren, einer Stadt im Osten Alabamas, deren Bevölkerung schon immer vornehmlich schwarz war und in der schon 1881 von dem ehemaligen Sklaven und Anführer der Civil Rights- Bewegung Booker T. Washington ein Institut zur Ausbildung schwarzer Lehrer gegründet worden war. In Rosas Familie liefen verschiedene Herkünfte und Rassen zusammen, in ihrem Stammbaum befanden sich sowohl schottisch-irische als auch indianische (Cherokee) und natürlich schwarze Einflüsse. Ihre Mutter Leona Edwards war Lehrerin, ihr Vater James McCauley arbeitete als Zimmermann. Es waren also nicht die häufig vorkommenden armen und instabilen Verhältnisse, die man oft mit den Schwarzen im Süden des Landes assoziierte, in die hinein Rosa aufwuchs.

Als Kind litt sie unter häufigen Krankheiten und einer schwachen Konstitution, zudem hatte sie eine chronische Mandelentzündung. In Folge der Trennung der Eltern musste sie ihren Heimatort Tuskegee verlassen und zog in einen Vorort von Montgomery. Dort lebte sie gemeinsam mit ihrem 1915 geborenen Bruder Sylvester, ihrer Mutter und deren Eltern auf einer Farm. Sie besuchte eine dörfliche Grundschule, die sie mit elf Jahren abschloss. Bereits in diesen frühen Jahren musste Rosa Parks, ebenso wie alle anderen Schwarzen im Süden der USA, die Erfahrungen der Segregation machen. Rassentrennung gab es in allen Bereichen des täglichen Lebens und so erinnerte sie sich noch viele Jahre später daran, dass sie als Kind zu Fuß zur Schule gegangen war, während die weißen Kinder mit einem Bus fahren konnten. Auch diese Trennung jedoch reichte vielen Weißen im Süden nicht aus. Parks erinnerte sich auch an eine Szene, als der Ku-Klux-Klan die Straße hinaufmarschierte, an der sie lebte und der Großvater mit der Schrotflinte in der Hand an der Straße stand, um seine Familie verteidigen zu konnte.

Nach dem Ende der regulär vorgesehenen Schulzeit schickte Rosas Mutter das Mädchen an eine private Schule, die Montgomery Industrial School for Girls. Diese von zwei weißen Erziehungsreformern aus dem Norden des Landes gegründete Schule hatte es sich zur Aufgabe gemacht, schwarzen Mädchen eine weiterführende Bildung anbieten zu können. Die Schule genoss ein hohes Ansehen in der schwarzen Bevölkerung, war von vielen Weißen aber nicht gern gesehen und mehrmals Ziel von Brandanschlägen. Nachdem Rosa die Schule abgeschlossen hatte, schrieb sie sich für eine Ausbildung zur Lehrerin am Alabama State Teacher’s College ein, doch diese Kurse konnte sie nicht beenden. Kurz nacheinander wurden erst ihre Großmutter, dann ihre Mutter schwer krank und Rosa kehrte nach hause zurück, um den Haushalt zu unterstützen.



Sie lernte Raymond Parks kennen, einen Friseur, der ebenso wie sie aus Alabama stammte und Rassentrennung von Kindesbeinen an erlebt hatte. Raymond besaß so gut wie gar keine schulische Bildung, beeindruckte Rosa aber dennoch mit seinen Kenntnissen der Zusammenhänge und der Politik. Er hatte sich selbst, unterstützt durch seine Mutter, auf ein gehobenes Bildungsniveau gebracht und achtete darauf, immer perfekt gekleidet zu sein. Über den Fall der Scottsboro Boys war Raymond Parks zur Bürgerrechtsbewegung gestoßen. In diesem vielbeachteten Verfahren waren neun schwarze Jugendliche zum Tod verurteilt worden, weil ihnen die Vergewaltigung zweier weißer Frauen vorgeworfen wurde. Als Mitglied der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), der angesehensten Bürgerrechtsbewegung für Schwarze in den USA, sammelte er Gelder, um die Angeklagten vor Gericht angemessen vertreten lassen zu können.

Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1932 arbeitete Rosa in verschiedenen Jobs und holte, nachhaltig unterstützt durch ihren Ehemann, ein Jahr später ihren High School- Abschluss nach, damals eine Seltenheit für junge Schwarze. 1943 kam auch Rosa Parks zur NAACP und wurde Sekretärin von Edgar Nixon, dem Präsident des Ortsverbands Montgomery der Vereinigung. Daneben arbeitete sie weiter in unterschiedlichen Berufen, unter anderem als Haushälterin für die Familie des weißen Anwalts Clifford Durr und auf der Maxwell Air Force Base. Die NAACP schien in dieser Zeit in Parks’ Augen wenig erfolgreich zu sein; in späteren Jahren erinnerte sie sich daran, dass die Arbeit der Gruppe nur wenig bekannt wurde. Zwei Ereignisse jedoch schienen Rosa Parks besonders bewegt zu haben. Die NAACP beschäftigte sich mit dem Fall der damals 15jährigen Claudette Colvin, die im März 1955 verhaftet worden war, weil sie sich geweigert hatte, einen Sitzplatz in einem Bus zu verlassen, der für Weiße vorgesehen war und mit dem Fall des 14jährigen Emmett Till, der brutal ermordet worden war, weil er angeblich einer weißen Frau nachgepfiffen haben sollte. Durch ihre Arbeit in der Civil Rights- Bewegung war Parks noch mehr als andere mit der Unterdrückung der Schwarzen vertraut und besonders sensibel für die alltäglichen Ungerechtigkeiten, denen die schwarze Bevölkerung ausgesetzt war.

Am 1. Dezember 1955 bestieg Rosa Parks nach ihrem Arbeitstag einen Bus in der Innenstadt von Montgomery und setzte sich auf einen Platz in dem für Schwarze vorgesehenen Bereich im hinteren Teil des Busses. Als kurz darauf mehrere weiße Passagiere den Bus bestiegen, forderte der Fahrer sie und andere farbige Passagiere auf, ihre Plätze zu räumen, damit die Weißen Platz nehmen konnten. Parks weigerte sich, der Fahrer rief die Polizei, die sie daraufhin wegen Verletzung einer städtischen Verordnung festnahmen. Edgar Nixon und Clifford Durr hinterlegten die Kaution, so dass sie am nächsten Tag wieder freikam. Am folgenden Montag, dem 5. Dezember, unter anderem unterstützt durch einen bis dahin wenig bekannten Pfarrer einer Kirche in Montgomery, einem gewissen Martin Luther King Jr., begann ein Boykott aller städtischen Busse durch die schwarze Bevölkerung, der insgesamt 381 Tage dauern sollten. Rosa Parks hatte mit ihrer Weigerung aufzustehen nicht nur den Weg freigemacht für die Aufhebung der Rassentrennung in Teilbereichen des täglichen Lebens, sondern hatte vor allem dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit auch außerhalb der USA auf die systematische Benachteiligung der Schwarzen aufmerksam gemacht wurde.

Diesen Erfolgen gegenüber standen Schwierigkeiten für Rosa Parks im privaten Bereich. Wegen der öffentlichen Aufmerksamkeit verlor sie ihren Job in einem Kaufhaus; ihr Mann Raymond verließ seinen Job, weil ihm verboten worden war, über seine Frau und ihren Kampf zu sprechen. Rosa konnte in Montgomery keinen neuen Job finden, verließ Alabama gemeinsam mit ihrem Mann 1957 und ging nach Hampton in Virginia. Schon bald darauf folgte sie dem Ruf ihres Bruders, der in Detroit lebte und zog begleitet von ihrer Mutter zu ihm. In Michigan arbeitete sie viele Jahre als Näherin, bevor sie 1965 die Sekretärin des demokratischen Kongressabgeordneten John Conyers wurde. In den 70ern wurden in kurzer zeitlicher Abfolge ihr Bruder Sylvester, ihre Mutter Leona und schließlich ihr Mann Raymond mit Krebs diagnostiziert. Für Rosa Parks war dies nicht nur emotional eine schwierige Zeit. Die Verdienste, die sie im ganzen Land als Rednerin erzielte, hatte sie zu großen Teilen der Bürgerrechtsbewegung gespendet und als plötzlich für drei schwerkranke Familienmitglieder gesorgt werden musste, musste sie Hilfe von außen annehmen, um die finanziellen Verpflichtungen leisten zu können. Raymond starb im August 1977, ihr Bruder im November; Rosa, selbst nach einem Sturz dauerhaft mit Schmerzen belastet, zog anschließend zusammen mit ihrer inzwischen auch demenzkranken Mutter in ein Apartment für Senioren. Sie pflegte die Mutter bis zu deren Tod im Jahr 1979.

Nach dem Verlust der Angehörigen engagierte sich Rosa Parks noch einmal verstärkt für soziale Belange. Sie gründete eine Stiftung, mit der Stipendien für schwarze High School-Absolventen finanziert wurden, gründete 1987 das Rosa and Raymond Parks Institute for Self-Development, das die sozialen Kompetenzen junger Menschen fördert und nahm an zahlreichen Veranstaltungen im In- und Ausland teil. 1990 reiste sie nach Südafrika, um Nelson Mandelas Entlassung aus dem Gefängnis beizuwohnen. 1992 veröffentlichte sie ihre Memoiren, 1996 erhielt sie die Friedensmedaille des Präsidenten aus der Hand von Bill Clinton, im Jahr darauf die Goldmedaille des Kongress. Trotzdem geriet sie erneut in finanzielle Schwierigkeiten und war 2004 schließlich nicht mehr in der Lage, die Miete ihres Apartments zu bezahlen. Die Besitzer des Gebäudes gewährten der mittlerweile sehr vom Alter gezeichneten Frau daraufhin kostenloses Wohnrecht in ihrem Apartment für den Rest ihres Lebens.

Rosa Parks starb am 24. Oktober 2005 in Detroit. Bei der Trauerfeier in Montgomery sprach Condoleezza Rice, damals die US-Außenministerin. Als erster Frau wurde ihr die Ehre der öffentlichen Aufbahrung ihres Leichnams im Capitol in Washington DC zuteil, wo ihr etwa 50.000 Menschen die letzte Ehre erwiesen. In der National Statuary Hall, einer Ruhmeshalle für verdiente amerikanische Bürger, befindet sich seit 2006 auf Anweisung von George W. Bush eine Statue von Rosa Parks. Ihre Grabstätte befindet sich neben der ihres Mannes Raymond auf dem Friedhof Woodlawn Cemetery in Detroit.