Der Begriff „Cajun“ bezeichnet eigentlich eine etwas mehr als eine Million Mitglieder zählende, amerikanische Bevölkerungsgruppe, die zum größten Teil im Süden des Bundesstaats Louisiana und im östlichen Texas zu Hause ist. Dank relativer Separation von den englischsprachigen Bewohnern dieser Regionen gelang es den Cajun über lange Zeit, ihre eigene, an Französisch angelehnte Sprache und ihre traditionelle Kultur vor äußeren Einflüssen zu bewahren. Heute wird „Cajun“ in der öffentlichen Wahrnehmung oft mit der Kultur von ganz Louisiana gleichgesetzt. Die eigentliche Heimat dieser Bevölkerungsgruppe ist allerdings die Region, die als Acadiana bezeichnet wird.

Der historische Ursprung dieser Bevölkerungsgruppe liegt nämlich ganz woanders. Die ehemalige französische Kolonie in Nordamerika war riesig. Sie nahm neben den bis heute französisch geprägten Regionen in Louisiana und in der kanadischen Provinz Quebec noch viele weitere Gegenden ein, von denen die im Nordosten oft als “Acadia” bezeichnet wurden. In der Kolonie gab es zahlreiche Mischehen zwischen den europäischen Siedlern und den Ureinwohnern, was zu einer Fusion der beiden Kulturen führte. Nach mehreren früheren Auseinandersetzungen wurden die Kolonien jedoch im sogenannten Queen Anne’s War in weiten Teilen von Großbritannien erobert, was eine neue Zeitrechnung bedeutete. Immer wieder flammten Dispute zwischen den Briten und den Franzosen oder den Briten und indianischen Völkern auf. Insbesondere letztere litten sehr darunter und viele zogen aus ihren Heimatregionen fort. Im Siebenjährigen Krieg ab 1755 schließlich vertrieben die Briten die Kolonisten aus Acadia. Die Menschen wurden entweder in andere britische Kolonien in Nordamerika oder nach Europa deportiert, andere flüchteten und viele weitere starben an Krankheiten oder bei Schiffsunglücken auf dem Weg ins Exil. Von jenen, die deportiert wurden, machten sich viele wenig später erneut auf den Weg Richtung Neue Welt, diesmal nach Louisiana, das ab 1762 zu Spanien gehörte. Hier lebten die einstigen Vertriebenen vor allem entlang des Mississippi und in relativer Abgeschiedenheit. Wegen ihrer Herkunft wurden sie „Acadians“ oder mit französischer Aussprache „Acadiens“ genannt. Daraus wurde im Sprachgebrauch zunächst „Cadiens“ und später „Cajun“.



Im Vergleich mit zahlreichen anderen Völkern und Ethnien waren die Cajuns bemerkenswert erfolgreich darin, ihre Kultur zu bewahren, obwohl es auch in ihrem Fall im 20. Jahrhundert Versuche gab, die althergebrachte Sprache und Traditionen zu unterdrücken. Einen Beitrag dazu leisteten eigens gegründete Kulturvereine, vor allem aber die Tatsache, dass die Gemeinden im Süden Louisianas relativ isoliert voneinander lagen und so nur wenig Vermischung mit anderen Gruppen erfolgte. Diese Region ist bis heute der Schwerpunkt der Cajun-Kultur, obwohl viele Angehörige inzwischen auch in anderen Gegenden zu Hause sind, darunter viele in der Umgebung von Beaumont im Osten von Texas. Überall an diesen Orten werden Besucher auf die typischen Belege der Cajun-Kultur treffen.

Zu diesen gehört in erster Linie die typische Küche, die sich mittlerweile vor allem in Louisiana so weit verbreitet und in den Mainstream auch im Rest des Landes Einzug gehalten hat, dass man sie problemlos auch in New York oder Kalifornien bekommen kann. Allerdings wird wird sie dort auch häufig mit der typischen kreolischen Küche in einen Topf geworfen, die zwar ähnlich ist, sich aber dennoch unterscheidet. Typische Beispiele für die Cajun-Küche sind das Jambayala (Reis, der zusammen mit Fleisch oder Fisch geschmort wird), das es in unzähligen Varianten gibt; Gumbos (Suppen auf Basis von Okra) und Boudins (würzige Schweinefleischwürste). Insgesamt besteht die typische Cuisine dieser Kultur vor allem aus Reis als Grundlage und einer Mischung von oft scharfen Gewürzen. Als “Dreifaltigkeit” der Cajun-Küche gelten Paprika, Zwiebel und Sellerie – drei Zutaten, die in keinem typischen Menü fehlen dürfen.

Solche Menüs sind natürlich auch der Mittelpunkt typischer Community-Veranstaltungen, von denen sicher die am Fastnachtsdienstag, dem sogenannten “Mardi Gras” weithin am bekanntesten sind – wobei die traditionelle Cajun-Version allerdings leicht von jener abweicht, die beispielsweise in New Orleans gefeiert wird. Mindestens ebenso wichtig wie das Essen ist aber die Musik und auch diese hat dazu beigetragen, dass die Cajun-Kultur weithin bekannt geworden ist. Die Cajun-Musik basiert auf Melodien mit dem Cajun-Akkordeon und der Fiddle als Mittelpunkt, getragen von einfachen Harmonien und eingängigen Rhythmen. Elemente dieser Musik, besonders ihr instrumentaler Klang und ihr Schwung, finden sich in vielen anderen bekannten Musikrichtungen wieder, vor allem in der Country Music nach texanischer Art und im Western Swing. Eine Abwandlung der ursprünglichen Cajun-Musik ist der Zydeco, in der modernere Elemente und zusätzliche Instrumente vorkommen. Im Zydeco ist Englisch inzwischen die vornehmlich benutzte Sprache, traditionell aber und auch heute noch sehr häufig werden die Texte im Cajun-French gesungen. Diese Sprache, früher die vorherrschende in den Cajun-Gebieten Louisianas, wird heute geschätzt nur noch von etwas mehr als 20.000 Menschen aktiv gesprochen.