In der Geschichte der USA gab es immer wieder Präsidenten, die mit einer bestimmten Initiative versucht haben, einen Meilenstein zu setzen. Selten aber ist das wirklich so gelungen wie mit dem New Deal, der untrennbar mit dem Namen von Franklin Delano Roosevelt verbunden sein wird und dessen Ergebnisse bis zum heutigen Tag sichtbar sind.

Der Begriff New Deal (beim Kartenspielen beschreibt der Ausdruck das Verteilen der Karten vor einer neuen Runde) fasst ein Paket an Gesetzen, Reformen und Initiativen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik zusammen, mit denen die Regierung von Präsident Roosevelt ab dem Jahr 1933 die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in den USA in den Griff zu bekommen versuchte. Die Bewertung der Effektivität dieser Maßnahmen ist bis heute Gegenstand von Debatten.

Hintergrund: Der Weg zum New Deal

Der Börsencrash vom 24. Oktober 1929 („Schwarzer Freitag“ / Black Thursday) hatte in den USA verheerende Auswirkungen. Die Arbeitslosenquote stieg bis 1933 auf fast 25%; wer noch Arbeit hatte, wurde oft auf Kurzarbeit gesetzt. Da es noch so gut wie keine Sozialversicherungen gab, bedeutete das massive Existenzsorgen für weite Teile der Bevölkerung. Zudem gingen rund 40% der amerikanischen Banken pleite, so dass die Ersparnisse vieler Menschen verlorengingen. Die Situation war so dramatisch, dass viele Amerikaner unter Hunger leiden mussten, darüber hinaus waren wegen der Dürren und der als „Dust Bowl“ bekannten Staubstürme mehr als zwei Millionen Menschen in den Great Plains gezwungen, ihr Zuhause aufzugeben. In vielen Fällen drohten in Folge der Notlage Extremisten von rechts oder links Zulauf zu gewinnen. Die Regierung unter Präsident Hoover, der generell gegen staatliche Einmischungen in die Wirtschaft war, reagierte nur sehr zögerlich und mit oftmals ungeeigneten Ideen, um der schweren Krise zu begegnen; zudem wirkte Hoover oft teilnahmslos und zeigte wenig Mitgefühl für die Betroffenen. Da sich die Lage kaum oder gar nicht änderte, hatte Franklin D. Roosevelt, Hoovers Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl 1932, vergleichsweise leichtes Spiel. Ohne konkrete Pläne vorzulegen, sprach er im Wahlkampf davon, dass der Wohlstand Amerikas neu und gerecht verteilt werden müsse und dass er verspreche, diese Neuverteilung („new deal“) im Falle einer Wahl vornehmen zu wollen. Aus dieser Formulierung, eigentlich nur ein rhetorischer Kniff in einer Rede, wurde der definierende Begriff für die Sozial- und Wirtschaftsreformen, die er nach seinem erdrutschartigen Sieg gegen Hoover bei der Wahl umzusetzen begann.




Umsetzung des New Deal

Prinzipiell verfolgte Roosevelt mit dem New Deal das sogenannte Ziel der „3R“. Diese drei R standen für „Relief“ (Erleichterungen für Arbeitslose und die ärmeren Gesellschaftsschichten), „Recovery“ (Erholung der Wirtschaft nach dem Zusammenbruch der Börse) und „Reform“ des Finanzsystems, um zukünftige Situationen dieser Art zu vermeiden. Der New Deal war dabei nicht ein einziges Gesetzespaket, das Präsident Roosevelt und die demokratische Mehrheit durch den Kongress brachte und implementierte. Vielmehr handelte es sich dabei um eine Reihe von Maßnahmen in loser Reihenfolge und nicht zwingend im Zusammenhang miteinander stehend. Schon bevor er Präsident wurde, hatte Roosevelt eine Herangehensweise an die Politik bevorzugt, in der man Dinge ausprobiert und sie gegebenenfalls wieder beendet. Genauso ging er auch bei der Umsetzung seiner Reformpläne zur Behebung der schweren Krise vor.

Man erinnert sich heute in erster Linie an die großen, sichtbaren Bauprojekte des New Deal. Tatsächlich waren diese aber nur ein Teil der Initiativen, die Roosevelt vorantrieb. Mindestens ebenso bedeutsam waren aber die Reformen und Gesetze, die er mit Hilfe der klaren demokratischen Mehrheit im Kongress durchsetzen konnte. Mit dem Banking Act von 1933 wurde beispielsweise eine Einlagensicherung der Banken eingeführt, mit dem Fair Labor Standards Act von 1938 wurden erstmals Mindestlöhne eingeführt und Arbeitgeber zu einer angemessenen Bezahlung von Überstunden verpflichtet, der National Labor Relations Act von 1935 garantierte das Recht auf die Bildung von Gewerkschaften und der Social Security Act von 1935 etablierte das System der Sozialversicherungen in den USA.

Während Roosevelt für die Verabschiedung dieser Gesetze von Anfang an die Hilfe des Kongresses benötigte, war die Schaffung der sogenannten „Alphabet Agencies“, also von mehreren im Rahmen des New Deal gegründete Behörden, Agenturen und Stabstellen, die typischerweise mit einer Abkürzung mit drei Buchstaben bezeichnet wurden, unkomplizierter. Diese konnten per Verordnung des Präsidenten gegründet werden. Dennoch musste Roosevelt sich heftiger Kritik auch an diesen Einrichtungen erwehren und ihr Bestehen und ihre Arbeit zum Teil sogar vor Gericht verteidigen musste.

Eine Auswahl der im Rahmen des New Deal gegründeten Ämter:

  • CCC Civilian Conservation Corps
    Dieses Programm zielte darauf, die vielen jüngeren Arbeitslosen im Land wieder in Arbeitsverhältnisse zu bekommen. Es war sehr erfolgreich, hatte während seines Bestehens von 1933 bis 1942 insgesamt mehr als drei Millionen Menschen unter Vertrag und war in der Bevölkerung sehr beliebt. Die Teilnehmer erhielten Mahlzeiten und Unterkunft und $30 im Monat, von denen $25 an die Familie zuhause geschickt werden mussten. Das CCC baute unter anderem Brücken und Straßen, pflegte Wälder und Parks, reparierten Staudämme oder richteten Naherholungsgebiete ein.
  • DSH Division of Subsistence Homesteads
    Diese Maßnahme, die im August 1933 begann und bereits im Mai 1935 wieder endete, zielte darauf, der armen Bevölkerung in den Städten eine Alternative im ländlichen Raum anzubieten. Jeder Teilnehmer bekam ein kleines Stück Land mit einem einfachen Wohnhaus darauf. Im Rahmen des Programms entstanden an vielen Orten im Land neue Siedlungen, die zum Teil bis heute weiterbestehen.
  • FAP Federal Art Project
    Als Teil der WPA (Work Progress Administration) war dieses Programm dafür zuständig, den vielen arbeitslosen Künstlern im Land Arbeit zu geben. Rund 10.000 Künstler und Handwerker schufen in dem Programm unter anderem Wandgemälde und Theaterkulissen, richteten aber auch lokale Kunstzentren und Ausstellungen ein und legten Archive und Verzeichnisse an. Mit dem FAP wurden viele Künstler gefördert, die später in ihren Feldern sehr erfolgreich wurden. Für Musiker gab es analog das FMP Federal Music Project, aus dem unter anderem Festivals, Musikschulen und Orchester entstanden sind; weiterhin gab es ähnliche Projekte für Theater und für Autoren.
  • FSA Farm Security Administration
    Im Rahmen dieses Programms erwarb die Regierung wirtschaftlich nicht tragbares Land von verarmten Farmern und schuf Gemeinschaftsfarmen, in denen diese zusammenarbeiten und so ein ertragreiches Geschäft aufbauen konnten. Die FSA vergab auch Kredite an Landwirte, damit diese modernes Gerät kaufen konnten und bot verschiedene soziale Hilfen für die Landbevölkerung an.
  • NRA National Recovery Administration
    Der New Deal sollte vor allem eine Verbesserung der Lage der Bevölkerung bewirken. Mit der NRA sollten Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Regierung zusammenkommen, um faire Standards für die Arbeitswelt zu vereinbaren, etwa Regeln für fairen Wettbewerb, Mindestlöhne oder maximale Arbeitszeiten. Die 1933 ins Leben gerufene Behörde wurde im Mai 1935 vom Supreme Court für nicht verfassungsgemäß erklärt.
  • NYA National Youth Administration
    Gerichtet an die Altersgruppe 16-25 organisierte diese Agency Work-and-Study-Programme und Teilzeitjobs, die als eine Art Berufsausbildung fungierten. Insgesamt haben rund 4,5 Millionen junge Menschen die Programme der NYA durchlaufen.
  • PWA Public Works Administration
    Im Rahmen des New Deals war die PWA wohl die sichtbarste Behörde. Im Gegensatz zu anderen Stabsstellen, die sich oft mit ungelernten Arbeitskräften mit kleineren Projekten beschäftigten, war die PWA für große Infrastrukturprojekte zuständig, etwa für den Bau von Staudämmen, Krankenhäuser, Schulen oder Flughäfen. Die Arbeiten wurden von professionellen Firmen erledigt und von der PWA finanziert, die in den elf Jahren ihres Bestehens rund $7 Milliarden ausgab.
  • TVA Tennessee Valley Authority
    Das von den Folgen der Weltwirtschaftskrise besonders hart getroffene Tennessee Valley bekam mit der TVA ein riesiges Infrastrukturprogramm. Mit Staudämmen wurde Elektrizität im Überfluss geschaffen, die später Fabriken der Kriegswirtschaft in die Gegend lockte. Die Landwirtschaft wurde unter anderem mit neu entwickeltem Dünger verbessert, zudem wurden Siedlungen aufgewertet.
  • WPA Works Progress Administration
    Die WPA diente dem Zweck, Millionen von Arbeitslosen wieder in bezahlte Arbeit zu bringen. In dem sehr breit angelegten Programm entstanden unter anderem künstlerische Werke, Bibliotheken und Archive, aber auch Infrastrukturprojekte, Schulen, Spielplätze und Sportfelder. Bei der Gründung der WPA im Jahr 1935 belief sich das Budget der WPA auf fast 7% des Bruttoinlandsprodukts. Bis zur Einstellung des Programms 1943 waren mehr als 8 Millionen Menschen in der WPA beschäftigt worden.

Auswirkungen und Bewertung des New Deals

Die politische Situation nach der Weltwirtschaftskrise, in der sich die Wählerinnen und Wähler enttäuscht von den Republikanern abwandten, bescherte Präsident Roosevelt über lange Zeit sehr komfortable Mehrheiten, die es ihm erlaubten, seine Pläne und Ideen fast ungehindert umzusetzen. Trotzdem rief der New Deal immer wieder auch scharfe Kritik hervor, so wurden die Projekte mal als faschistisch oder diktatorisch, mal als kommunistisch bezeichnet.

Will man den New Deal bewerten, so muss das vor dem Hintergrund der politischen Lage in der Welt geschehen. In Europa gewannen zu jener Zeit zunehmend extremistische Kräfte die Oberhand und auch in den USA, wo Millionen Menschen die schweren Auswirkungen der Wirtschaftskrise spürten und echte Existenzängste hatten, gab es nicht wenige Rufe nach einem starken, diktatorischen Führer und einer Abkehr von der Demokratie. Der New Deal schaffte es in diesem Klima, vielen Menschen eine Perspektive und neue Sicherheit zu geben und das wirkte auch beruhigend auf die politische Lage. Zudem wirken viele Errungenschaften des New Deals bis zum heutigen Tage fort. Neben Bauprojekten sind das vorn allem auch soziale Errungenschaften wie das System der Sozialversicherung und die Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern.

Die positiven Auswirkungen des New Deals überwiegen die negativen Seiten – hier sind etwa die Einmischung des Staates in die Wirtschaft und die enormen Staatsausgaben für die Programme zu nennen – in der allgemeinen Betrachtung deutlich. Eine abschließende Bewertung allerdings wird auch durch die Tatsache verhindert, dass sich spätestens ab 1938 für die USA die Kriegsgefahr anbahnte, was zu einer Umstellung der Wirtschaft auf Kriegsproduktion und zu veränderten gesellschaftlichen und politischen Lagen führte.