In den späten 1930er Jahren trafen die Folgen einer langen Dürre, die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und die jahrelange rücksichtslose Nutzung der Böden in den Great Plains zusammen und schufen eine Lage, die zu einer Entvölkerung weiter Landstriche, zu einer umfassenden Migrationsbewegung und zu schwerwiegenden sozialen Umwälzungen im Herzland und im Westen der USA sorgten. Schwere Staubstürme im gewaltigen Ausmaß zogen immer wieder über das landwirtschaftliche Kernland vor allem in Oklahoma, Kansas, Nord-Texas und Colorado, machten ganze Ortschaften unbewohnbar, vernichteten Ernten und zwangen einen Großteil der dort ansässigen Bevölkerung in die Flucht.

A large drop of sun lingered on the horizon and and then dripped over and was gone, and the sky was brilliant over the spot where it had gone, and a torn cloud, like a bloody rag, hung over the spot of its going. And dusk crept over the sky from the eastern horizon, and darkness crept over the land from the east.

John Steinbeck, The Grapes of Wrath

„Die Früchte des Zorns“ (Grapes of Wrath) von John Steinbeck sind das literarische Denkmal für jene Zeit. Der Roman beschreibt die Flucht vor der Trockenheit und den über das Land ziehenden Staubstürmen. Die größte Migrationsbewegung der amerikanischen Geschichte ließ 2,5 Millionen Menschen ihre Heimat in den Great Plains verlassen und ihr Glück anderswo suchen, wo sie allerdings auf eine Mauer der Ablehnung stießen.

Vorgeschichte: Weltwirtschaftskrise

Noch am Ende des 19. Jahrhunderts war die Region als Great American Desert bezeichnet worden. Viele der ersten Siedler jedoch vertrauten dem Spruch the rain follows the plow  („der Regen folgt dem Pflug“) und tatsächlich setzte um die Jahrhundertwende eine Phase überdurchschnittlich feuchten Klimas ein, das aus den Great Plains ein fruchtbares Gebiet, die Kornkammer der USA machte. Mit den neuen technischen Möglichkeiten war die Arbeit auf dem eigenen Grund und Boden leichter geworden, so dass sich viele Menschen aus den enger werdenden Ballungsräumen an der Ostküste auf den Weg machten, um ihr Glück in den Weiten der Great Plains zu suchen.

Ein wichtiger Aspekt im Vorfeld des Dust Bowl war die in den USA als Great Depression bezeichnete Weltwirtschaftskrise von 1929. In der Krise brachen die Absatzmärkte zusammen und so war der ökonomische Niedergang bald auch in den Great Plains angekommen, wo plötzlich viele Farmer Schwierigkeiten hatten, ihre Familien mit dem zu ernähren, was der Boden hergab. In den guten Jahren zuvor hatten sich aber viele Farmer verschuldet und hatten ihre Anbauflächen vergrößert. Die Acker in den Great Plains waren so immer größer geworden, Mit dem Rückgang der Einnahmen kamen sie mit den Rückzahlungen der dafür aufgenommenen Kredite oft nicht mehr hinterher.



Dust Bowl: Dürre und Staub

Auf Grund der verbesserten technischen Möglichkeiten in der Landwirtschaft wurden über die Jahre immer mehr Fläche, die zuvor mit Pflanzen bestanden waren, in Ackerland verwandelt. Das hatte gravierende Auswirkungen: Die fortwährende, monokulturelle Bebauung setzte dem Boden zu, der bald ausgelaugt war und erodierte. Der Effekt verstärkte sich ab dem Jahr 1930, als das feuchte Wetter ein Ende hatte und eine Periode extremer Dürre einsetzte. Ohne Wasser gingen die Anpflanzungen der Bauern ein. Die ohnehin schon schwierige finanzielle Lage verschärfte sich, weil es kaum noch etwas zu verkaufen gab. In vielen Fällen verloren die Siedler ihre Ländereien und den Grund, auf dem das eigene Haus stand, an die Banken, als sie ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten.

Nun machte sich auch bemerkbar, dass der Boden nicht mehr durch natürlichen Bewuchs geschützt war. Ohne den Schutz der Pflanzen konnten die häufig starken Winde über den Great Plains den erodierten Boden aufgreifen und mit sich tragen. Riesige Staubwolken entstanden, die sich zu Stürmen zusammenfügten und teilweise bis an die Ostküste der USA mit sich trugen.

Am schlimmsten jedoch waren die Auswirkungen in den Great Plains selbst, wo teilweise über Tage massive Staubwolken den Himmel verdunkelten. Über Jahre konnten die Winde den schutzlosen Boden mit sich tragen und häufig wurden die Versuche der Farmer, nach einem Staubsturm wieder neu zu beginnen, vom nächsten Sturm zunichte gemacht. Im November 1934 zog eine Serie kräftiger Winde über die Felder South Dakotas, im Mai 1934 trug ein zwei Tage anhaltender Sturm den Boden bis nach New England, wo der Schnee im nächsten Winter eine rote Farbe annehmen sollte. Im April 1935, am Black Sunday, verdunkelten die Wolken den Himmel so sehr, dass man am Tag nicht weiter als wenige Meter sehen konnte.

Flucht aus den Great Plains

Die Folgen für die Menschen in den Great Plains waren verheerend. Die einst fruchtbaren Böden waren nutzlos geworden, selbst für die eigene Familie konnte vielerorts nicht mehr genug angebaut werden. Tatsächlich verhungerten einige Menschen. Der vom Wind fortgetragene Staub setzte sich überall ab und nicht wenige Menschen waren so geschwächt, dass die Stürme ihnen Lungenentzündungen verursachten, die sie nicht überlebten. Nach und nach wurde das Gebiet der Great Plains entvölkert. Neben den vielen Toten gab es Unzählige, die ihr Land aufgaben und die Gegend verließen.

Geschäftemacher aus dem Westen, die billige Arbeitskräfte zum Pflücken des kalifornischen Obsts brauchten, nutzten diese Chance und lockten die verzweifelten Bewohner der Great Plains mit Versprechungen auf gute Verdienstmöglichkeiten nach Kalifornien. Viele folgten dem Ruf. Tausende Menschen packten ihre geringen Habseligkeiten und ließen ihre Heimat und oft auch Teile der Familie zurück. Sie mussten jedoch schnell einsehen, dass sich ihre Lebensbedingungen in vielen Fällen nicht verbesserten, im Gegenteil.

„Okies“ in Kalifornien

In Kalifornien gab es längst nicht mehr genug Arbeit für die vielen Migranten. Wer Arbeit fand, musste zu geringsten Löhnen schuften, so dass die Arbeiter sich nicht einmal ein Zuhause leisten konnten, sondern in zusammengenagelten Hütten oder Zelten am Rand der Städte lebten. Von den alteingesessenen Kaliforniern wurden sie verächtlich Okies  genannt, aus dem sozialen Leben ausgeschlossen und ihnen wurde oft der Zugang zu Schulen, Geschäften und öffentlichen Einrichtungen verwehrt. 

Der seit 1933 amtierende US-Präsident Franklin D. Roosevelt widmete einen großen Teil seiner Arbeit der Hilfe für die vom Dust Bowl betroffenen Menschen, unter anderem wurde in dieser Zeit auch der berühmte New Deal geboren, der eine Reform der Kräfte der Wirtschaft vorsah. Der Dust Bowl wurde Thema vieler künstlerischer Werke, neben John Steinbecks Erzählungen sind hier vor allem die Songs von Woody Guthrie zu nennen.

Die Great Plains erholten sich von der Naturkatastrophe nie komplett. Der Exodus in den 30er Jahren war die Basis für eine bis heute andauernde Entvölkerung der Region. Noch immer ist die Region stark landwirtschaftlich geprägt und produziert einen großen Teil der amerikanischen Agrargüter. Dies wird jedoch heute zum größten Teil mit Maschinen gemacht und die Region zählt zu den am dünnsten besiedelten der USA.


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