Die seit Jahrtausenden den amerikanischen Kontinent bewohnenden Völker, die sich im Gegensatz zu verallgemeinernden Bezeichnungen wie „Indianer“ kulturell, sprachlich und gesellschaftlich stark voneinander unterscheiden, erlebten das Eindringen der europäischen Pioniere und später der Siedler als entscheidenden Wendepunkt ihrer Geschichte. Die Europäer brachten nicht nur todbringende Krankheiten, gegen die die Ureinwohner nicht immun waren, insbesondere Pocken, sondern auch Gewalt und Unterwerfung bis hin zur Versklavung der indigenen Bevölkerung.
Frühgeschichte
Archäologen und Historiker gehen heute davon aus, dass die erste menschliche Besiedelung Amerikas erfolgte, als Menschen aus dem eurasischen Raum über die Beringbrücke zwischen Sibirien und Alaska wanderten. Der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht bestimmen, er liegt mindestens 12.000 Jahre zurück. Insgesamt hat es wohl drei große Migrationswellen und eine weite räumliche Verteilung über den Kontinent gegeben, was zur Entstehung völlig unterschiedlicher Kulturen und Sprachen beitrug. Auf diese erste Phase der sogenannten Paläoindianer folgte ab etwa 1000 v.Chr. eine deutlich erkennbare Diversifizierung. Aus dieser Zeit stammen sowohl die Wohn- und Grabhügel vornehmlich im Osten der USA als auch die Zeichen der Seßhaftwerdung, etwa in Form der Felsbehausungen, wie sie im Mesa Verde Nationalpark und an anderen Stellen im Südwesten des Landes zu finden sind.
Zwischen den zunehmend regional verankerten Völkern entwickelten sich in den folgenden Jahrhunderten in begrenztem Maße Austausch und Handel, es kam aber hin und wieder auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen, etwa im Kampf um Jagdreviere. Auf der anderen Seite entstanden teilweise aber auch Zusammenschlüsse zwischen Stämmen, etwa in Form der „Six Nations“-Konföderation der Irokesen.
1492-1700
Mit dem ersten Kontakt zwischen Kolumbus und einem Einheimischen im Jahr 1492 auf den Bahamas begann eine Zeit, die vom Kontakt zwischen der Urbevölkerung und Europäern geprägt wurde und die sich für die Indigenen als äußerst folgenschwer erweisen sollte. In 1513 landete Ponce de León in Florida und setzte den Startpunkt für die spanische Kolonialisierung. Diese ging mit der Errichtung von Missionsstationen und der erzwungen Konvertierung der Indigenen zum Katholizismus einher. Mitunter stießen die Europäer auf Gegenwehr und es kam gelegentlich zu Auseinandersetzungen.
Die Europäer brachten auch Tiere mit in die Neue Welt. Insbesondere die Einfuhr von Pferden hatte nachhaltigen Einfluss auf die Kulturgeschichte der Indianer. Entlaufene Pferde und deren Nachkommen wurden von den Indigenen domestiziert und in der Folge für den Transport von Gütern, das Überbringen von Nachrichten, für die Feldarbeit und in der Kriegsführung eingesetzt.
Vor allem aber schleppten die Europäer ansteckende Krankheiten ein, gegen die die Ureinwohner keinerlei Abwehrkräfte hatten, vor allem Pocken. Die Pockenkrankheit trat Anfang des 17. Jahrhunderts im Nordosten des Landes erstmals auf. Infizierte trugen die Krankheit in ihren eigenen Völkern weiter durch das ganze Land. Historiker schätzen, dass innerhalb weniger Jahrzehnte bis zu 50% der gesamten Urbevölkerung Nordamerikas an Krankheiten starb, die von Europäern eingeführt worden waren. Dieser Bevölkerungsrückgang schwächte die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen der Ureinwohner nachhaltig. Vereinzelt kam es sogar zu Zusammenschlüssen einzelner, dezimierter Völker.
Im Nordosten des Landes kam es ab 1675 zu einem Aufstand mehrerer indianischer Völker gegen die zunehmenden Repressalien durch die britischen Kolonisten, die zu diesem Zeitpunkt aber bereits zahlenmäßig deutlich überlegen waren. Bei den Schlachten, die als King Philip’s War bekannt wurden, starben rund 3000 Indianer. Zudem sorgte der Krieg dafür, dass sich Kolonisten und Ureinwohner in der Folge nur noch voller Misstrauen begegnen konnten.
1700-1800
Die indigene Bevölkerung spielte eine zentrale Rolle im French and Indian War ab 1754, als britische und französische Kolonisten um die Vorherrschaft in Nordamerika kämpften. Einige Stämme schlossen sich in den Franzosen an; in der Hoffnung, die britischen Kolonialherren verjagen zu können. Andere unterstützten die Briten, weil sie sich loyal zeigen wollten und weil die Briten sie mit Verträgen lockten, in denen der Fortbestand der indianischen Gebiete garantiert wurde. Diese Verträge wurden später von den Siedlern gebrochen. Im Krieg gewannen die Briten die alleinige Macht über Nordamerika, doch die von den Indianern in französischen Diensten begangenen Massaker sorgten noch nach Kriegsende für Racheakte gegen die Ureinwohner. Zudem schlugen die Briten 1763 den Pontiac-Aufstand im Tal des Ohio River nieder.
Nach dem Sieg über Frankreich unternahmen die Briten Versuche, ihre nordamerikanischen Kolonien straffer zu organisieren und stärkere Kontrolle auszuüben. Dieser Versuch mündete in der amerikanischen Revolution und der Unabhängigkeitsbewegung und schließlich im Krieg der Kolonisten gegen das britische Mutterland, bei dem die Indigenen erneut gezwungen waren, Partei zu ergreifen. Wenige Stämme schlossen sich in der Hoffnung auf Belohnung ihrer Loyalität den Kolonisten an, die meisten Indianer aber zogen für die Briten in die Schlacht, weil sie hofften, dass die Briten nach einem Sieg auf die weitere Ausdehnung der Kolonien verzichten würden. Im Krieg kam es daher zu Racheaktionen der Kolonisten gegen die Ureinwohner, deren Kampfkraft geschwächt werden sollte. Bekannt wurde unter anderem die sogenannte Sullivan-Expedition im Jahr 1779, bei der Soldaten mindestens 40 Dörfer der Irokesen komplett zerstört und die Ernte vernichteten. Ähnliche Aktionen gab es auch an anderen Orten, während auf der anderen Seite auch Ureinwohner Häuser der Kolonialisten zerstörten.
Gesandte der Yamacraw Creek treffen Vertreter der Kolonisten, 1734
Im Vertrag von Paris nach Kriegsende traten die Briten riesige Gebiete an die USA ab, ohne die Ureinwohner darüber zu informieren oder sie auch nur zu erwähnen. Da zugleich immer mehr Siedler aus Europa nach Amerika drängten und mehr und mehr Land benötigt wurde, wurden die Ureinwohner zunehmend aus ihrer Heimat verdrängt. In einigen Fällen bot die Regierung Verträge zur Landabtretung an, drohte aber mit Krieg, wenn der Vertrag abgelehnt wurde. Entlang des Ohio Rivers kam es ab 1785 zum sogenannten Northwest Indian War , als sich ein Zusammenschluss mehrerer indigener Völker gegen den Landraub wehrte. Auch nach dem Sieg der Regierung kam es immer wieder zu Angriffen der Indianer gegen Siedler und zu folgenden Strafaktionen gegen die Ureinwohner. Der erste Präsident der jungen USA, George Washington, der zuvor noch einer der militärischen Kommandanten im Vorgehen gegen die Indianer gewesen war, ordnete nach seiner Amtsübernahme an, dass die Ureinwohner christianisiert und „zivilisiert“ werden sollten.
1800-1900
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entzündete sich der Streit zwischen den USA und Großbritannien erneut. Einer von mehreren Gründen für den Britisch-Amerikanischen Krieg 1812-1815 war der amerikanische Vorwurf, die Briten würden die Indianer dazu anstiften, sich gegen die Regierung aufzulehnen. Wieder kämpften Ureinwohner auf beiden Seiten. Nach dem erneuten Sieg der Amerikaner verloren die Indianer ihr Land im Süden und in der Mitte der USA, darunter auch die meisten ihrer Jagdreviere.
Im Jahr 1817 erlangten die Cherokee als erste Ureinwohner durch einen Vertrag mit der Regierung die US-Staatsbürgerschaft, weitere Völker folgten im Laufe der Zeit. Im Mai 1830 wurde der Indian Removal Act verabschiedet. Das Gesetz ermöglichte es der Regierung, die im Osten des Landes lebenden Stämme aus ihrer Heimat zu entfernen. Dabei sollte das indianische Land vor allem im Südosten der USA für die Besiedelung durch Europäer frei werden, während die Ureinwohner im Ausgleich finanzielle Entschädigungen und Land westlich des Mississippi erhalten sollten. Dieser Teil des Landes war erst im Louisiana Purchase von 1803 zu den USA gekommen, galt allgemein als Wildnis und sollte den so umgesiedelten Indianern laut Vertrag auf ewig gehören. Bekannt wurde in diesem Rahmen vor allem die gewaltsame Umsiedelung von fünf Stämmen unter menschenunwürdigen Bedingungen über den „Pfad der Tränen“ (Trail of Tears) auf das Gebiet des heutigen Bundesstaats Oklahoma. Rund 46.000 Menschen wurden so aus ihrer Heimat vertrieben, viele starben bereits auf dem Weg nach Oklahoma.
In den 1840er Jahren entstand der Begriff des „Manifest Destiny“. Der Begriff stärkte das Selbstbewusstsein der jungen Nation und lieferte en ideologischen Unterbau für den Expansionsdrang der Amerikaner, die es nun als ihr Schicksal betrachteten, den ganzen Kontinent zu bevölkern. Wegen des ständigen Zustroms neuer Siedler beschleunigte sich das Vordringen in indianische Gebiete immer mehr. Im Jahr 1851 schlossen mehrere Indianervölker den Vertrag von Fort Laramie mit der Regierung. Darin sicherten die Indigenen den Siedlern freies Geleit in Richtung Westen zu, während die US-Regierung in dem Vertrag festschrieb, dass diese Ländereien den Ureinwohnern gehören. Der Vertrag wurde umgehend gebrochen, als sich Siedler in den Indianergebieten niederließen und Orte errichteten. Die Regierung setzte den Vertrag zu keinem Zeitpunkt durch.
Als besonders folgenschwer erwiesen sich die Funde von Gold, die tausende Siedler aus dem Osten des Landes veranlassten, den Weg nach Westen zu gehen. In Kalifornien, wo 1848 Gold gefunden wurde, begingen die Goldsucher, oft mit Unterstützung staatlicher Stellen, einen Genozid an den Ureinwohnern mit tausenden getöteten Indianern. Ähnliche Entwicklungen gab es später auch, als in den Black Hills von South Dakota Gold gefunden wurde. Hier kam es zu einer der bekanntesten Auseinandersetzungen im Rahmen der „Indian Wars“, dem Great Sioux War 1876-1877. Dabei kam es zur Schlacht von Little Bighorn kam, als die Indianer unter Crazy Horse und Sitting Bull fünf Kompanien des US-Militärs vernichtend schlugen. Im Jahr 1890 kam es ebenfalls in South Dakota zum Massaker von Wounded Knee, als Soldaten rund 300 Lakota erschossen, als die Indianer entwaffnet werden sollten, um die Siedler in der Region zu schützen.
ab 1900
Mit dem Indian Citizenship Act von 1924 wurden sämtliche Ureinwohner auf dem Gebiet der USA automatisch zu Staatsbürgern. Seit der Verabschiedung dieses Gesetzes stehen allen Indigenen alle Rechte nach der amerikanischen Verfassung zu, Das brachte es auch mit sich, dass sie während des Zweiten Weltkriegs in die US-Streitkräfte eingezogen werden konnten. Allerdings meldete sich der weitaus größte Teil indianischer US-Soldaten freiwillig. Bekannt wurden vor allem die Code Talkers, das waren indigene Soldaten, die Nachrichten in der Sprache ihres Volkes weitergeben konnten – ein Code, der für den Feind nicht zu knacken war. Der Krieg bedeutete einen tiefen Einschnitt in der Kulturgeschichte der Ureinwohner. Dabei spielten nicht nur die gefallenen Indianer eine Rolle, sondern auch die Tatsache, dass die Soldaten erstmals viel Zeit außerhalb ihrer Reservate und mit ihren nicht-indianischen Landsleuten verbrachten. Nach dem Ende des Krieges verließ eine große Zahl von Ureinwohnern die Reservate und zog wegen der besseren wirtschaftlichen Bedingungen in die Städte.
Diese Annäherung an die weiße Mehrheitsgesellschaft führte auch dazu, dass Teile der indigenen Bevölkerung selbstbewusster auftraten. 1968 wurde die Organisation American Indian Movement (AIM) gegründet, die zu einem politischen Sprachrohr vieler Völker der Ureinwohner wurde und die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Anliegen der Indianer lenkte. Später schlug der Aktivismus mitunter in Gewalt um, es kam mehrfach zu Auseinandersetzungen mit US-Behörden, etwa bei der Besetzung von Alcatraz 1969 oder des Ortes des Wounded Knee-Massakers 1973. Der Einsatz für die Rechte der Urbevölkerung führte schließlich zur Verabschiedung des Indian Self-Determination and Education Assistance Acts durch den Kongress im Jahr 1975, mit dem das Recht der indianischen Völker auf Selbstbestimmung festgeschrieben wurde. In der Folge errichteten die Völker in ihren Reservaten ein eigenes Sozial- und Bildungssystem.
Ein endgültiger Abschluss mit den früheren Versuchen der Regierung, die indianische Kultur zu unterdrücken und due Ureinwohner zwangsweise zu assimilieren, kam im Jahr 2009, als Präsident Obama eine offizielle Entschuldigung der USA an alle Ureinwohner des Landes unterzeichnete.
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