Den Namen der Mayflower kennt auch heute noch jedes Kind in Amerika. Die Überfahrt der Pilgerväter mit der Mayflower wird oft als der Beginn der ersten Besiedelung Nordamerikas durch Einwanderer aus Europa dargestellt. Das ist zwar nicht ganz korrekt, denn schon knapp vierzig Jahre zuvor hatte das britische Königshaus eine Kolonie auf der Insel Neufundland beansprucht und die Kolonie von Jamestown, 1607 gegründet, war nach wenigen Jahren gescheitert. Dennoch ist mit der Mayflower viel Bedeutung für die Geschichte der USA verbunden.

Die Mayflower war ein hauptsächlich für Gütertransporte genutztes Segelschiff, das im 16. Jahrhundert gebaut worden war. Es wurde von einer Gruppe Puritaner gechartert, die zum Teil in England lebte und zum Teil schon zuvor nach Leiden in Holland geflüchtet waren. Die Puritaner waren Protestanten, die sich von der Church of England losgesagt hatten, wodurch sie Verfolgte waren, denn eine Abkehr von der Kirche war nicht erlaubt. Als sich England und Holland verbündeten, wurde die Lage auch für die bereits aus England geflüchteten Puritaner immer unangenehmer und sie beschlossen, über den Atlantik zu fliehen. Doch nicht alle aus der Gruppe in Leiden konnten die Reise antreten. Es wurde daher beschlossen, zunächst die jüngeren, stärkeren Mitglieder loszuschicken.

Die sogenannten „Separatisten“ aus Leiden segelten zunächst mit einem kleineren Schiff, der Speedwell, nach England. Eigentlich sollten die Speedwell und die Mayflower Mitte Juli 1620 nach Amerika aufbrechen, es wurde jedoch ein Leck an der Speedwell entdeckt. Nach dessen Reparatur stachen die Schiffe Anfang August erneut in See, doch ein weiteres Leck erforderte eine Umkehr. Das war nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein zeitliches Problem, denn bei der Rückkehr war es bereits Anfang September und es waren schon sechs Wochen vergangen, ohne dass die Siedler England verlassen hätten. Da einige Reserven bereits aufgebraucht waren und die Mayflower nicht genügend Platz hatte, konnten nur 20 Passagiere von der Speedwell mitfahren, die anderen kehrten nach Holland zurück. Insgesamt waren auf der Mayflower, die nur 28 Meter lang war, 102 Passagiere und 31 Besatzungsmitglieder unterwegs; dazu kamen Gepäck und Vorräte sowie Schweine, Ziegen und Geflügel.




Die Reise begann letztlich am 6. September 1620 in Southampton, die Überfahrt des Atlantiks begann am 16. September in Plymouth. Das Schiff war nicht nur zu klein für die vielen Reisenden, die dicht zusammengepfercht in viel zu engen Quartieren miteinander auskommen mussten, es war auch nicht dafür gebaut, so fordernde Fahrten wie eine Atlantiküberquerung zu absolvieren. Zwischenzeitlich drohte das Schiff auf offener See manövrierunfähig zu werden. Die Mayflower geriet über mehrere Tage in starke Winde und meterhohe Wellen. Bei einem heftigen Sturm verstarb einer der Reisenden, doch da während der Reise auch ein Kind geboren wurde, kam die gleiche Zahl Passagiere in Amerika an, die in England aufgebrochen war.

Am 19. November 1620 erblickten die Passagiere erstmals Land. Was sie sahen, war Cape Cod, eine Halbinsel im heutigen Massachusetts. Eigentlich sollte die Mayflower aber die von einer Handelsgesellschaft 1607 gegründete Colony of Virginia erreichen und setzte so ihre Fahrt entlang der Küste fort. Schwere Stürme zwangen das Schiff jedoch zur Umkehr. Am 21. November 1620, nach zehn Wochen auf See, ankerte die Mayflower im natürlichen Hafen, an dem heute die Stadt Provincetown liegt.


Zeichnung des Mayflower-Vertrags; Gemälde von Jean Leon Gerome Ferris

Der Mayflower-Vertrag

Die Mayflower hat auch deshalb eine so große Bedeutung für die Geschichte der USA, weil die Passagiere noch vor der Anlandung in Provincetown einen Gesellschaftsvertrag beschlossen, mit dem das Zusammenleben geregelt werden sollte. Der Bedarf für eine solche Vereinbarung war entstanden, weil man sich am Ausweichort nicht den Regeln der eigentlich angesteuerten Virginia-Kolonie beugen musste und weil einige der nicht-puritanischen Passagiere aus Sorge vor einer Unterdrückung durch die Puritaner angekündigt hatten, sich in diesem Fall nur dem eigenen Willen beugen zu wollen. Im Wesentlichen sah der Vertrag vor, dass sich die Gemeinschaft „gerechte und gleiche Gesetze“ geben würde und dass dabei das Gemeinwohl im Vordergrund stehen würde. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die gesetzgebende Regierung ihre Legitimation aus der Zustimmung der Gemeinschaft ziehen würde – im England des 17. Jahrhunderts keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Aufbau der Kolonie

Nachdem sich die Passagiere im Mayflower-Vertrag auf die Schaffung einer eigenen Regierungsinstanz verständigt hatten (die Unterzeichner waren 41 der männlichen Passagiere), ging ein Teil von ihnen erstmals an Land. 34 Männer machten sich Anfang Dezember mit einem kleinen Beiboot auf den Weg zur Küste, um einen Ort für eine Siedlung zu finden. Auf den tiefen Schnee und die arktischen Temperaturen waren sie jedoch nicht vorbereitet. Dass der Boden gefroren und nicht bestellbar sein würde, hatten sie nicht geahnt. Es gelang ihnen nicht, Behausungen zu errichten, in denen die Pilger vor den Schneestürmen geschützt wären und die Vorräte neigten sich endgültig dem Ende zu. Die Reisenden erhielten einige Lebensmittel von den Ureinwohnern, die sie zurück auf die Mayflower brachten. Da alle Passagiere über den Winter mangels anderer Unterkünfte an Bord bleiben mussten, entstanden in den engen Räumlichkeiten und in dem eisigen Wetter ansteckende Krankheiten und Seuchen. Als der Winter vorüber war, war fast die Hälfte der Menschen auf dem Schiff gestorben.

Am 31. März 1621 verließen 53 Passagiere die Mayflower und gingen an Land. Während das Schiff trotz dezimierter Besatzung im Mai nach England zurückkehrte, schafften es die Siedler mit Hilfe der Ureinwohner, Hütten zu bauen und die Böden zu kultivieren. Ihre erste Ernte feierten die Pilgerväter im Herbst 1621 mit dem ersten Thanksgiving, bis heute einer der wichtigsten Feiertage der USA. Ebenso ist es bis heute ein Privileg für amerikanische Familien, wenn sie ihre Ahnenlinien bis zur Mayflower zurückverfolgen können.


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