Wenn man den Job als US-Außenminister antritt, weiß man ziemlich gut, dass man fortan alle Hände voll zu tun haben wird. Dennoch dürfte sich gerade Antony Blinken vielleicht einen etwas ruhigeren Start in die neue Aufgabe gewünscht haben. Amerikas Verbündete fühlten sich von vier Jahren Trump vor den Kopf gestoßen, Vladimir Putin zündelte gewaltig in Osteuropa und die Welt war wegen der Corona-Pandemie insgesamt in einem Ausnahmezustand. Dennoch hat Antony Blinken, den vor seiner Berufung durch Joe Biden kaum jemand außerhalb der amerikanischen Politikkreise kannte, zwischen all den Herausforderungen eine gute Figur gemacht und sich bei allen wichtigen Themen einbringen können.

Bei Antony Blinken liegen Diplomatie und die Pflege internationaler Beziehungen gewissermaßen in der Familie. Sein Vater Donald M. Blinken war im Hauptberuf einer der Mitbegründer der Investmentbank Warburg Pincus und diente zwischen 1994 und 1997 als US-Botschafter in Ungarn. Er war am 16. April 1962 in Yonkers, New York, geboren worden und hatte Schulen in New York City und später in Paris besucht, wohin er mit seiner inzwischen vom Vater getrennten Mutter gezogen war. Mit der Volljährigkeit kehrte er in die USA zurück und nahm ein Studium an der Harvard University auf. Seine Studien beendete er 1988 mit einem Jura-Abschluss von der Columbia Law School. Schon damals engagierte Blinken sich für die Demokratische Partei und unterstützte unter anderem Michael Dukakis im Präsidentschaftswahlkampf 1988. Aus derselben Zeit sind auch Schriften von ihm bekannt, in denen er für ein starkes Bündnis zwischen den USA und Europa eintritt.

Antony Blinken ist seit 2002 mit Evan Ryan verheiratet, die eine leitende Position im Verbindungsbüro zwischen dem Weißen Haus und den Ministerien einnimmt. Während Ryan katholisch ist, gehört Blinken dem jüdischen Glauben an. Die beiden haben zwei Kinder.

Im Jahr 1994, nachdem Blinken eine Zeit lang als Anwalt in den USA und Frankreich gearbeitet hatte, wechselte er in den Stab des Nationalen Sicherheitsrats unter Präsident Clinton und behielt diesen Posten bis 2001. Im Jahr darauf wurde er vom damaligen Vorsitzenden des Senatsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Joe Biden, zum Stabschef berufen. In dieser Rolle war Blinken unter anderem dafür zuständig, Bidens Unterstützung für den Einmarsch in den Irak zu formulieren. Nach der Amtsübernahme Barack Obamas 2009 übernahm Antony Blinken zunächst eine führende Rolle im Nationalen Sicherheitsrat, bevor er 2015 zum stellvertretenden Außenminister ernannt wurde. In diese Zeit fallen unter anderem die Tötung von Osama bin Laden und die russische Annexion der Krim.

Wie alle anderen Berufungen aus der Zeit demokratischer Präsidenten musste auch Antony Blinken nach der Wahl Donald Trumps seinen Posten räumen. Er ging dann in die Privatwirtschaft und wurde zum Mitgründer der Firma WestExec Advisors, die strategische Beratung unter anderem für Rüstungsunternehmen anbot. Wenige Tage nach Joe Bidens Amtsübernahme wurde Antony Blinken zum neuen Außenminister der USA, wobei auch einige republikanische Abgeordnete im Senat für ihn stimmten. Seine erste Auslandsreise führte Antony Blinken im März 2022 nach Japan und Südkorea. Noch im gleichen Monat reiste er nach Brüssel, wo er den NATO-Partnern in der EU zusicherte, dass die Biden-Regierung die transatlantische Partnerschaft stützen wird – in den Jahren unter Trump waren die Beziehungen schwer belastet worden.

Zu den außenpolitischen Positionen Blinkens gehören darüber hinaus die Unterstützung für die Fortführung von Sanktionen gegen den Iran und die Suche nach einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina. Antony Blinken hat sich daneben kritisch über den Brexit und die Expansionspolitik der Türkei geäußert, möchte die Beziehungen zu Saudi-Arabien überprüfen und vertritt eine kritische Linie gegenüber China und Russland.